Montag, 3. Oktober 2011

Der Start

Am 25. September 2011 ist es endlich soweit: in La Rochelle starten 79 Minis zur Transatlantikregatta La Charente-Maritime - Bahia Transat 6.50! Die Sonne strahlt, die Gesichter der Skipperinnen und Skipper auch, denn nach zwei Jahren Vorbereitung ist der Tag X gekommen. Björn sagt, sein Adrenalinspiegel sei seit dem Morgen gleich bleibend hoch und er freue sich, dass es jetzt endlich losgeht. Man merkt ihm an, dass er aufgeregt ist. Er klatscht immer wieder in die Hände und sagt: "Auf geht's!" Die Rikki Tikki und er sind startklar.


Ab 14 Uhr werden die Minis von kleinen Motorbooten aus dem Hafenbecken geschleppt. Wegen der Gezeiten steht dafür nur ein relativ kleines Zeitfenster zur Verfügung. In 90 Minuten müssen 79 Boote herausgeschleppt werden, und zwar eins nach dem anderen, denn jedes Boot und jeder Skipper werden einzeln verabschiedet. Nachdem sich Björn und andere Segler gegenseitig die Hände geschüttelt und ermutigend auf die Schultern geklopft haben, um sich viel Erfolg zu wünschen, verabschiedet er sich von seiner Familie. Dann heißt es: "Leinen los!" Als einer der Ersten lässt er sein Boot aus dem Hafenbecken schleppen.


Es ist ein erhebender Moment: Björn steht am Ruder seiner Rikki Tikki als er die Schleusendurchfahrt passiert. Er winkt der großen Zuschauermenge zu, die sich rings um das Hafenbecken und oben an der Durchfahrt versammelt hat. Aus den Lautsprechern ertönt laute Musik. Eigentlich sollte jeder Segler bei seinem Abschied das von ihm gewählte Lied gespielt bekommen. Das scheint aber nicht zu klappen, denn, liebe Robocops, statt Eurem "I paid the ferryman" läuft "The eye of the tiger" von Survivor. Aber da die Reihenfolge vorher nicht festgelegt worden war und die Zeit so knapp war, sei dies den Veranstaltern verziehen. Eine Lautsprecherstimme stellt Björn vor, während er an den applaudierenden Menschen vorbeifährt. Der Applaus wird lauter, als erwähnt wird, dass er sich als Hobbysegler für dieses Rennen qualifiziert hat, obwohl er 600 km weit vom Mittelmeer, 700 km von der Nordsee und 1200 km vom Atlantik entfernt wohnt.

Wir, seine kleine Fangemeinde, klatschen und jubeln und rufen, als er hinausfährt. Wir freuen uns für ihn. Gleichzeitig machen wir uns natürlich auch Sorgen: wird alles gut gehen? Wenige Tage vor dem Start ist ein Teilnehmer bei der Überführung seines Bootes auf dem Weg nach La Rochelle über Bord gegangen und ertrunken. Das war ein großer Schock für alle Skipper und ihre Angehörigen. Wir machen uns unsere Gedanken. Aber wir versichern uns gegenseitig, dass Björn nicht der Typ ist, der unkalkulierbare Risiken eingeht. Außerdem ist er ja bestens vorbereitet.

Nun ist Björn also unterwegs zur Startlinie, die zwischen den beiden vorgelagerten Inseln Ile de Ré und Ile d'Oléron liegt. Während die anderen Skipper verabschiedet werden, begeben wir uns zu einem Zuschauerboot, um dort den Start live mitzuverfolgen. Die Rikki Tikki ist schon weit draußen, als wir losfahren, und als wir im Feld der Minis ankommen, können wir sie nirgends entdecken. Wir schippern langsam an den Booten vorbei, begegnen immer wieder der mare.de mit Jörg Riechers, dem anderen deutschen Teilnehmer und einem der Favoriten. Obwohl wir mit Ferngläsern ausgestattet sind, können wir Björn immer noch nicht sehen. Es ist wie verhext. Die Passagiere (ungefähr 200 Zuschauer befinden sich auf unserem Boot) applaudieren und rufen den Seglern zu. Außer den 79 Minis ist eine unglaublich große Anzahl an größeren und kleiner Zuschauerbooten versammelt. Dicht an dicht kreuzen die Minis vor der Startlinie und um sie herum wimmelt es nur so von Begleit- und Zuschauerbooten. Dann kommen auch noch zwei Helikopter angeflogen und umkreisen die Boote in geringstem Abstand, um spektakuläre Fotos und Filmaufnahmen zu machen. Auf der Website des Veranstalters und auf YouTube kann man sie sich ansehen. Dass wir Björn und seine Rikki Tikki nirgends sehen können, ist also nicht unbedingt verwunderlich. Vielleicht hat er sich aus dem Trubel auch etwas raushalten wollen, wer weiß?

Kurz vor dem Start entfernen wir uns von den Minis, denn jetzt gilt eine "Schutzzone", damit die Teilnehmer von Zuschauerbooten ungestört manövrieren können. Wir hören den 10-Minuten-Schuss, hören den eigentlichen Startschuss aber leider nicht und sind uns für einen Moment nicht sicher, ob das Rennen schon läuft oder nicht. Nach dem geplanten Start um 17.17 Uhr soll es eine Schweigeminute für den auf dem Weg nach La Rochelle tödlich verunglückten Segler geben, erst dann dürfen die Boote die Startlinie passieren.

Unser Boot nimmt wieder Fahrt auf, um das Geschehen an der ersten roten Boje, die die Minis passieren müssen, aus nächster Nähe beobachten zu können. Ganz vorne befindet sich ein gelber Proto (Sébastien Rogues "Eole Génération-GDF Suez", Nr. 716), der bereits erstaunlich viel Vorsprung hat. Eine zweite rote Boje muss passiert werden, bevor die Minis Richtung Westen, an der Küste der Ile d'Oléron entlang, hinaus aufs offene Meer segeln.

Endlich sehen wir Björn! Plötzlich haben wir ihn entdeckt, wenn auch der Blick auf ihn nie ganz frei wird. Aber wir sehen, dass er dabei ist und dass einige Boote hinter ihm liegen, alles bestens also! Wir bleiben noch eine Weile auf Höhe der zweiten Boje, bevor wir zum Hafen von La Rochelle zurückkehren und die Rikki Tikki am Horizont verschwindet. Jetzt drücken wir seit über einer Woche die Daumen, dass Björn die erste Etappe nach Madeira gut meistern wird. Es scheint ja ganz gut für ihn zu laufen. Sein persönliches Ziel, 10 bis 15 Boote hinter sich zu haben, hat er im Moment mit Platz 34 erreicht.

3 Kommentare:

  1. Oh, ich hätte doch auch zur Verabschiedung mitkommen sollen. Dank Deines schönen Artikels kann ich wenigstens einen Teil der Emotionen nacherleben. Vielleicht wäre ich auch bloß neidisch geworden...
    Immerhin, ein guter Start ist die halbe Miete.

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  2. Glückwunsch! Du hast dein Ziel für den ersten Teil erreicht Ich hoffe, es ging und geht dir gut und du kannst dich etwas erholen!!!

    Alles Gute!
    Adina

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  3. ...hau rein, digger !

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