Samstag, 1. Oktober 2011

Der Countdown

Hier schreibt die Schwester: Als einer seiner größten Fans bin ich mit Kind und Kegel nach La Rochelle gereist, um live beim Start des Minitransat 2011 dabei zu sein. Björn gab mir den Auftrag, seinen Blog etwas zu aktualisieren, weil er selbst vor dem Start nicht mehr dazu kam. Jetzt, da ich wieder zu Hause bin, freue ich mich, in der nächsten Zeit seine Webmasterin sein zu dürfen. Von Madeira aus kann er sich vielleicht selbst melden, denn es ist ihm gelungen, den Skipper eines der Begleitboote zu überreden, seinen Laptop für ihn mitzunehmen.

Schon von Weitem konnte man erkennen, dass sich hier ein besonderes Ereignis ankündigte: entlang der Hafenmauern waren Zelte aufgestellt, die Fahnen der Teil nehmenden Nationen waren gehisst, eine Lautsprecherstimme war zu hören. Beim Näherkommen erblickte man Menschentrauben, die sich an den Verkaufs- und Informationsständen in den Zelten drängten, um Näheres über den Anlass für dieses Spektakel zu erfahren: den Start des Charente-Maritime/Bahia Transat 6.50 2011. Am Geländer der Hafenmauer waren ausführliche Steckbriefe aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer angebracht und die bereits erwähnte Lautsprecherstimme verkündete Wissenswertes über das Rennen.

Wenn man in das Hafenbecken hinuntersah, bot sich einem der Blick auf die in ein buntes Flaggenmeer getauchten Minis, für die dieser von den Gezeiten durch eine Schleuse geschützte Teil des Hafens von La Rochelle eigens reserviert worden war. Auf den Stegen lagen aufgerollte Segel, Seesäcke, Werkzeug, Taschen und Wasserkanister bereit, um verstaut zu werden. Auch hier drängten sich viele Besucher und es war ein Stimmengewirr aus Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch u.v.m. zu hören. Über all dem bunten Treiben lag eine fröhlich-gespannte Atmosphäre.

Dass diesem Rennen große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zuteil wird, war nicht zu übersehen: Ständig waren Fotografen und Kamerateams auf den Stegen unterwegs, die Segler gaben Interviews und bekamen nicht nur von Angehörigen und Zuschauern Besuch, sondern auch von Schulkindern: jedes Boot und jeder Segler hat nämlich eine eigene "Patenschulklasse". Die Schülerinnen und Schüler durften "ihr" Boot besuchen und seinem Skipper Fragen stellen. Jetzt prangt in jedem Großsegel das von der jeweiligen Klasse gemalte Bild. Das Bild für Rikki Tikki stammt aus Funchal auf Madeira, weshalb Björn erst dort von seiner Klasse Besuch erwartet.

Björn verbrachte die letzten Tage vor dem Rennen von morgens bis abends auf der Rikki Tikki, um die letzten Vorbereitungen abzuschließen. Er war also nicht schwer zu finden und empfing uns gleich an Bord, um uns alles zu zeigen: das erstaunlich geräumige Cockpit bot Platz für uns alle, und auch unter Deck könnten mehrere Personen gemütlich sitzen, wären da nicht die acht Segel, der Proviant, die Klamotten und Gerätschaften - vom Weltempfänger für den Wetterbericht bis zum Gaskocher für die Zubereitung der Astronautennahrung, die Björn im Vorfeld sorgfältig vorgekostet und ausgewählt hatte. (O-Ton meiner dreijährigen Tochter: "Und wo ist dein Badezimmer?"). Aber Björn hat sich ja nicht auf eine gemütliche Ausflugsfahrt begeben, sondern auf eines der härtesten Segelrennen überhaupt. Ganz wichtig ist natürlich auch der Autopilot, der meistens läuft, weil der Skipper gerade die Segel trimmen, ein Manöver vorbereiten, Funkmeldungen empfangen und durchgeben, etwas essen oder eine Runde Schlafen muss.

Zu den letzten Vorbereitungen gehörten auch zahlreiche Termine für die Skipper, wie z.B. ein offizieller Empfang, Briefings zu Sicherheitsvorkehrungen und zur Wetterlage. Wenige Tage vor dem Start war noch Gegenwind mit acht Beaufort angekündigt, kurz vor dem Start stellte sich jedoch heraus, dass mit eher schwachem Wind zu rechnen sein würde. Björn sah dies mit gemischten Gefühlen: einerseits hatte er die Hoffnung, der Gefahr seekrank zu werden, so zu entgehen. Andererseits war die Vorstellung, bei Flaute über die Biskaya zu dümpeln und sich dem Etappenziel Madeira nur schleichend zu nähern, nicht erbauend. Aber er hat immerhin für 15 Tage Proviant an Bord, was doch reichen sollte.

Der italienische Vorbesitzer der Rikki Tikki, der beim Minitransat vor zwei Jahren den 4.Platz erreicht hatte, stattete Björn kurz vor dem Start noch einen Besuch ab und gab ihm einige taktische Tipps. Viel wichtiger, als die Segel perfekt zu trimmen, sei es, auf keinen Fall den Wetterbericht zu verpassen und auf dieser Basis wohl überlegte Entscheidungen darüber zu treffen, welcher Kurs taktisch am besten zu wählen sei. Dies erklärt wohl auch, weshalb Björn momentan relativ weit vor der Küste Portugals segelt, also westlicher als viele andere Teilnehmer. Möge ihm diese Taktik Erfolg bringen!

1 Kommentar:

  1. Schön, dass ihr dabei sein konntet und du uns auf dem Laufenden hälst!

    Adina

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